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Grobe Reparaturarbeiten für die Statistik:
2x Röhrenfernseher (Hochspannungsüberschläge durch Staub / kalte Lötstellen), 3 Handys (gebrochenes Display / in Schorle und Handtaschenkram eingeweichte Elektronik), iPod Nano 2. Generation (Display gebrochen), Keyboard Yamaha PSR-6000 (Bedientasten ohne Funktion: Graphitbeschichtung auf Gummimatten und Platine abgenutzt), HP 3335A Synthesizer/Pegelgenerator (trockene Kondensatoren am Netzteil), HP LaserJet 4M Plus (defekter Papiertransport), Pioneer PD-5500 CD-Player (Kollimatorlinse verklemmt), Rohrkameras, 100 Glühbirnen und 1 Satz Filzgleiter unterm Küchentisch...
 
Wird Zeit, mal wieder was für mich zu machen. Als Kind hatte ich nun einige Jahre Keyboardunterricht. Mittlerweile fand ich aber das Klavier als richtiges Musikinstrument sehr viel besser, allerdings war in der ersten Hälfte des Zeitraums „Keyboard-/Klavierunterricht“ die Motivation begrenzt, in der zweiten Hälfte der Geldbeutel.
 
Nach beendetem Studium und gefundenem Arbeit- und damit Geldgeber, war dieses Problem passé, auch ein sehr guter Klavierlehrer in der nahen Umgebung war schnell gefunden. Die dilettantische Lernphase hätte nun vorbei sein können, wäre da nicht die völlig klavierfremde Haptik der Keyboard-Plastikklaviatur, die geringere Tastenbreite und der eingeschränkte Oktavenumfang des Keyboards. Update unmöglich.
 
Ähnlich dem Oktavenumfang verhält es sich mit dem Platz in meinem Wohnzimmer: Eingeschränkt. Damit fällt der Konzertflügel als nächste Anschaffung flach, auch wenn sowas manchmal ganz günstig im Internet zu bekommen ist. Ein Digitalpiano schein also erstmal am geeignetsten. Ebay anschmeißen und los: Suchergebnisse durchscrollen, lesen, auf die Beobachtungsliste, prima, 10 km von hier steht ein defektes Gerät rum, Kontakt aufnehmen, hinfahren, anschauen, fachsimpeln, verhandeln, heimfahren, größeres Auto mitnehmen, hinfahren, 40 Euro zahlen, Elektroschrott und verhandelten Klavierhocker einladen und heimfahren. Zeitaufwand: 1 Tag.
 
Das Problem mit dem Gerät: Nach dem Einschalten leuchtet lediglich die rote „Power-LED“. Das war‘s. Relativ witzlos für ein Musikinstrument. Glücklicherweise habe ich irgendwo in den Tiefen des Internets das „Service Manual“ mit allen technischen Unterlagen und Schaltplänen gefunden. Die wichtigen Seiten werden ausgedruckt und ggf. zusammengeklebt, das Gerät aufgeschraubt.
 
Im nachfolgenden Bild sieht man das Innenleben. Was von außen noch recht edel anmutet, zerfällt mit der letzten Schraube und dem Abnehmen des Deckels in einer lautlosen Staubwolke zu einem Berg still schreiender neotechnischer Ignoranz: Spanplatten-Kartoffelkiste mit lieblos reingeschraubten Kabeln und Platinen (rechts die Platine zum Erzeugen der verschiedenen Systemspannungen und der Verstärkerstufe, links die Hauptplatine mit Controller, Speicher und Tongenerator).
 
 
 
Wie immer, wenn etwas nach langer Arbeit an ein und demselben Platz aussieht: Gemütlich machen, alles holen, was man braucht (Kaffee, viel Licht, alle Schaltpläne, Messgeräte) und vorher nochmal auf‘s Klo :-)
Der Klavierhocker hat sich in diesem Fall schon mal ausgezahlt, wenn auch in ungewohnter Position - hinter dem Digitalpiano.
 
 
 
Die Pertinax-Platine (erstes Bild links) war nach recht kurzer „Befragung“ als ziemlich unschuldig entlassen worden. Alle Spannungen vorhanden und stabil, Steckverbindungen i. O., keine auffälligen Kondensatoren. Leider. Es wäre auch zu einfach gewesen. Die Suche geht auf der weitaus komplexeren doppelseitigen und mit viel „Vogelfutter“ bestreuten Hauptplatine weiter.
 
Könnte fast in einer von der Elektor-Redaktion herausgegebenen Fernsehzeitschrift für pensionierte Nerds stehen: Suchbild - Wo ist der Fehler?
 
 
 
Hier erweist das Oszi ganz gute Dienste: Schwingt der Quarz für den Controller und den Tongenerator, wie verläuft der Reset-Impuls am Controller, Chipselect- und Enablesignale zu den Speicherbausteinen i. O.? Und bei Letzterem klingelt was. Die Durchgangsprüfung zeigt, dass das Signal nur vom Controller bis zur ersten Durchkontaktierung kommt, dann geht die Leitung unter einem Doppelschichtkondensator durch, der zur Pufferung des SRAMs verwendet wird. Auslöten, anschauen:
 
Offenbar gasen Supercaps beim Altern aus und/oder verlieren ihr Elektrolyt, das dann in seinem mehr oder weniger aggressivem Verhalten im Umkreis des Bauteils auf der Leiterplatte hängt und sich über alle möglichen Metalle freut. In diesem Fall: Die Enable-Leiterbahn durch den Lötstopplack. Einfach so.
 
Die Platine wird nun mit lauwarmen Wasser, Spülmittel und einer alten Zahnbürste gewaschen und ordentlich getrocknet. Die betroffenen Leiterbahnen werden mit Drahtstücken repariert, der Goldcap anschließend gegen einen neuen ausgetauscht (1,50 Euro beim Reichelt). Damit dürfte für die nächsten 20 Jahre Ruhe sein, falls diese Bauteile mittlerweile nicht hermetisch versiegelt sind.
 
Mit zugeschraubtem Deckel und größerem zeitlichen Abstand zur Reparatur ist dann zumindest der oberflächliche Charme wieder hergestellt. Die Zeit heilt alle Wunden. Fast.
 
 
 
 
 
Samstag, 7. August 2010
Digitalpiano Technics PX103